Mein Gaming-Stapel-der-Schande wächst und gedeiht. Ich gieße ihn von Tag zu Tag. Der Stamm wird fester und höher. Und ich fühle mich von meiner Playstation genötigt. Denn zum entspannenden Zocken komme ich die letzte Zeit nicht mehr wirklich. Und das macht mich traurig. Obwohl mich das Zocken glücklich macht.
Entweder bin ich zu erledigt vom Job-Alltag und möchte mich am Abend nur noch auf die Couch hauen, um mich von Netflix und Co. berieseln zu lassen oder aber ich muss Verpflichtungen nachkommen. Und eben diese haben selten etwas mit meiner Playstation, der PSP, dem Bitboy oder sonstigen Medien zu tun. Quasi: Kein Gaming für mich. Ätzend.
Warum nicht nur mein Alltag daran Schuld ist, dass ich mein Non-Stop-Zockendes-Jugendlich-Ich verloren habe, sondern Konzerne und Psychologen ihre Finger da mit im Spiel haben, dass möchte ich heute gerne mal mit Euch im Blog besprechen.
Der blanke Horror lässt mich eher abschließen; dachte ich.
Richtig gelesen. Ich neige dazu gewisse Spielgenres eher in einem Rutsch durchzuzocken als andere. Dachte ich zumindest. Dazu gehören ganz klar die Horror-Survival Spiele. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ich da Resident Evil als Beispiel nennen muss. Tatsächlich fesseln mich diese Geschichten ungemein. So oft ich auch wie ein Meerschweinchen während des Daddelns quietsche; die Atmosphäre verlangt danach öfter, schneller und fester die Controller-Knöpfe zu drücken. Irre, oder?
Zuletzt hätte ich sogar das Remake von Resident Evil 2 beendet. Also als Léon. Ich bin im letzten Kapitel. Mitten im Labor und erfreue mich der dort existenten „Botanik“. Ich liebe das Spiel. Perfektes Gaming. Habe es als Jugendlicher vergöttert. Habe mich so sehr im Spielgeschehen verloren. Und trotzdem versage ich mit meinem Zeitmanagement auf den letzten Metern. Obwohl ich in einem guten „Flow“ war. Mir kam irgendwie etwas dazwischen. Es ärgert mich. Und dann auch noch mit dem Wissen, dass da ja auch noch Claire wartet. Es ist zum Verrückt werden!
Anders erging es mir aber mit Resident Evil: Biohazard. Dem siebten Teil der Survival-Horror-Saga. Die Playstation habe ich samt VR-Headset nicht mehr runtergefahren. In einem Rutsch komplett in der Virtuellen Realität abgezockt. Live auf Twitch. Alter Falter – ich war danach durch. Aber Spaß hat es gemacht. Bis zum bitteren Ende. Aber wie kommt das denn nur? Denn um ehrlich zu sein, habe ich auch Detroit: Become human beenden können. Und das hat ja mal mit einem Horror-Spiel nicht wirklich etwas gemein. Ich würde es eher im Genre „Drama“ verbuchen. Auch Star Wars: Battlefront 2 wurde im Storymodus von mir durchgezockt. Kein Horror. Aber immerhin ein Shooter.
Viele Variablen und wenig Konstanten: Zeit
Was die Serie „Resident Evil“, „Detroit: Become human“ oder „Star Wars: Battlefront 2“ sicherlich gemeinsam haben, ist die unfassbare Detailtiefe in der Atmosphärenschaffung und Geschichtentiefe (wobei Letzteres für viele trotz der guten Storyline zu kurze Spielzeit mit sich brachte – ich fand es mal ganz angenehm). Die Schaffer haben es verstanden mich als Teil der Pixelbande zu assimilieren. Ich fühle mit. Zeige Empathie. Das passiert nicht so häufig, wie mir wirklich lieb wäre. Es gibt so viele tolle Games. Ich möchte sie wirklich beenden, doch sind da eben gewisse Punkte, welche das nicht zulassen. Und das Gaming bleibt auf der Strecke.
Zum Einen der offensichtliche Faktor „Zeit„. Bin ich erstmal in der Geschichte gebunden, dann will ich mich auch nicht mehr aus dieser reissen lassen, während des Zockens. Logisch. Das weiß ich (unter-)bewusst natürlich. Komme ich also nach einem langen Arbeitstag nach Hause, dann frage ich mich tatsächlich „Hast Du die Kraft Dich jetzt konzentriert für zwei bis drei Stunden mit dem Spiel XYZ auseinanderzusetzen?“
Zu 90% ist dem einfach nicht der Fall. Und ich dürfte damit auch nicht alleine sein. Dürft Ihr mir per Direktnachricht auf Instagram oder den Kommentaren gerne schreiben.
Aber zurück zum Thema: Nicht umsonst gibt es inzwischen Spiele, welche mit Hilfe eines Rundensystems kurzweilige Momente schaffen. Innerhalb 20 Minuten zockt man gemütlich eine kleine Schlacht à la „Heroes of the Storm“ durch und kann sich danach dem Abendbrot oder TV widmen. Easy Peasy. Diese Spiele sind sehr erfolgreich. Und genretechnisch auch fester Bestandteil des populärer werdenden eSports. Gaming wird zu Sport. Verrückt. Aber trotzdem schaff ich es zeitlich nicht mich davor zu klemmen. Und warum? Der darin enthaltene Wettbewerb ne Nummer zu anstrengend nach der Arbeit.
Viele Variablen und wenig Konstanten: Genre
Ha! Da sind wir also schon bei der nächsten Variable: „Genre„. Damit mich ein Spiel richtig packt, benötige ich eine Story. Eine gute Story. Ich bin da sehr kritisch. Im Übrigen auch was Comics, Serien, Bücher oder auch Filme angeht. Überzeugt mich die Geschichte nicht an Atmosphäre und Tiefe, dann rutscht es für mich direkt ins Mittelmaß ab.
Liegt auf meinem Spielestapel also eine glitzernde Disc, welche es bisher nur in eine Durchschnittsbewertung fürs Gaming bei mir geschafft hat – dann ist die Wahrscheinlichkeit einer sehr langen Nicht-Spiel-Dauer enorm hoch. Das ich mich also damit in meiner kostbaren Zeit beschäftige, ist eher unwahrscheinlich. Vor allem, wenn auf dem Stapel noch so viel zu entdecken ist.
Viele Variablen und wenig Konstanten: Konsum
Was uns zur Variable „Konsum“ bringt. Ich kann mich sehr gut an Schulzeiten erinnern, welche es mir als Kind bzw. Jugendlicher nicht erlaubte überhaupt einen solchen Spielestapel aufzubauen. Schließlich war ich monetär bedingt an meine Eltern bzw. an mein Taschengeld gebunden. Ich möchte nicht lügen: Meine Eltern waren sehr großzügig wenn es um neue Gameboy-Spiele ging. Doch eben in guten Kaufabständen zueinander. Sicherlich hatte ich bis zu 40 Titel fürs Gaming. Vielleicht auch etwas mehr. Doch ich würde behaupten, dass ich diese zu 90% auch alle beendet hatte.
Heute bin ich in der Jobwelt integriert. Habe also die Möglichkeit mit meinem Gehalt weitestgehend das anzustellen, was mir keiner vorschreiben kann. Mal abgesehen vom Kühlschrank, dem Vermieter und dem Wasser-, wie auch Stromwerk. Ich bin also in der glücklichen Lage in einer viel großzügigeren finanziellen Selbstbestimmung zu sein, als noch vor vielen Jahren.
Sobald mich ein Gaming innerhalb eines „Let´s Play“, die klassische Werbung oder etwas ähnliches von einem Spiel überzeugt, dann lege ich mir selbiges auch noch in der Releasewoche zu. Ganz selten bin ich vernünftig und sage mir „Mensch, Du hast noch so viele nicht-beendete-Games daheim. Und Du hast doch eh keine Zeit. Lass es!“. Für gewöhnlich handelt es sich dann aber auch um Spiele, welche einen Bogen um meinen persönlichen Hypetrain gemacht haben. Also kein wirklicher Verlust.
Bedeutet: Ich konsumiere einfach zu viel, ohne wirklich zu konsumieren. Ich kaufe mir quasi einen Apfel, ohne ihn wirklich zu essen. Die Wirtschaft gewinnt also durch mein Konsumverhalten. Leider der Wunsch nach Blasen an den Controller-Fingern weniger. Tut den Griffeln vielleicht auch gar nicht so weh. Da ist das Umblättern von Comicseiten doch schon angenehmer. Wobei es auch hier einen Stapel-der-Schande gibt. Ich bin z.B. noch immer nicht dazu gekommen Eddies Empfehlung zu Vampire Boy selbst zu lesen. Ich schaff es einfach nicht.
Viele Variablen und wenig Konstanten: Ablenkung
Die Variable „Ablenkung“ ist natürlich nicht zu unterschätzen in diesem ganzen Nerd-Desaster. Wir Geeks haben es nunmal nicht leicht. Neben den unglaublich tollen Spielen sind da noch Serien, Filme, Comics, Bücher, Conventions und sowas wie Freunde, wie auch Familie, um die man sich kümmern muss.
Oftmals erwische ich mich und vergleiche die Stapel-der-Schanden (habt Ihr das Plural bemerkt?) miteinander. Welcher ist höher? Wo muss ich jetzt zuerst loslegen, damit es mir nicht über den Kopf wächst. Ehrlich. Total bekloppt ist das.
Oftmals passiert das, wenn ich kurz vor einem neuen ComicCon Besuch bin und davon ausgehen muss gespoilert zu werden. Manche Nerds sind einfach so begeistert von grandiosen Storylines, dass es dort einfach aus ihnen herausplatzt. Und wir alle wissen wie ärgerlich solche Spoiler sein können. Dem will ich dann keinen Raum bieten.
Also wird dann in einem Comicmarathon die Batman-Reihe flott auf den aktuellen Stand gebracht. In einer langen Fernsehnacht Stranger Things gebinged. Ein Nachmittag im Kino verbracht, um Endgame, Spiderman und Der König der Löwen zu schauen. Schwupps. Geschafft! Da bleibt dann aber schonmal das Gaming-Herz traurig zurück, wie Ihr Euch vorstellen könnt. Kennt Ihr bestimmt auch.
Unternehmen im Kampf um den Stapel-der-Schande
Tatsächlich habe ich vor ein oder zwei Jahren einmal einen Artikel gelesen, welcher dieses Phänomen schonmal aufgegriffen hatte. Und tatsächlich sind wohl verschiedene Unternehmens-Psychologen damit beschäftigt darüber nachzudenken, wieviele Titel Ihres Arbeitgebers in so einem Stapel-der-Schande sein müssen. Also damit Kampagnen als erfolgreich gelten. Der Konzern finanziell an der Spitze bleibt. Die Zielgruppe mental abhängig von der Produktlinie wird.
Zuletzt bei der CCXP wurde es auch nochmal von Zach Levi (Shazam) persönlich während seines Panels zur Sprache gebracht. Das es ganze Abteilungen z.B. bei Videospiel-Unternehmen gibt, welche sich mit der Ausschüttung von Glückshormonen beschäftigen. Quasi Biolabore fürs Gaming. Deren Arbeit bewirken eine gewisse Abhängigkeit und führt z.T. auch zu einer schrägen Eigenwahrnehmung oder allgemein veränderten Sichtweise.
Gesunde Dosen
Daraus resultierend lest Ihr jetzt auch über einen Monat später diesen Blogbeitrag. Ich habe lange darüber nachgedacht und stimme Zach zu. Ich erkenne solche Muster auch bei mir. Gewisse Ansichten zu gewissen Dingen sind dezent angepasst.
Ich lese beispielsweise als Fan des besten Detektivs der Welt, lieber Batman Comics, als dass ich endlich mal Batman: Arkham Knight auf der Playstation beende. Obwohl ich die Grafik stark, das Gameplay weitestgehend gut (ok – das Batmobil is bissel schwergängig) und die Story (nebst Nebenquests) grossartig finde. Bedeutet: Die Endorphinausschüttung ist während des Gaming anderer Spiele oder auch bei Comics schlichtweg bei mir höher, als während des Genusses des benannten PS4 Titels. Totaler Wahnsinn.
So werden dann wohl erstmal die Stapel-der-Schande weiter bei mir anwachsen. Das seht Ihr ja auch regelmäßig auf meinem Instagram Profil. Aber wisst Ihr was? Eigentlich ist das komplett in Ordnung. Denn dies bedeutet (trotz der Manipulation durch Konzerne und der Illuminaten) ich bin immer noch mein eigener Herr und bin selbstbestimmt. Denn offensichtlich bin ich noch immer in der Lage meinen Alltag zu stemmen. Mich nicht den Zwängen zu unterwerfen sofort alles in mich aufzusaugen. Dann das Gaming zu vollziehen, wenn mir danach ist. Zwar kaufe ich mir meinen Nerdstuff auf Vorrat, doch geniesse ich diesen in gesunden Dosen.
Und es macht mich glücklich zu wissen, dass ich jederzeit darauf zurückgreifen kann. Mich in fremde Welten einzufinden, welche immer noch fremd für mich sind. So bleibe ich dabei neues zu entdecken und nicht nur altes zu durchforsten. Eine wahre Luxussituation. Es war selten schöner Nerd zu sein, oder?