Es ist schon wieder passiert. Ganz nach dem Motto: Totgesagte leben länger. Nintendo trotzt den Erfolgen der High Definition Konsolen mit erneuter Innovation im Gaming Sektor. Zuletzt mit dem zunächst kritisch beäugten Release der Hybridkonsole Switch (nur EIN krasses Spiel zum Release? Echt jetzt? Und dann noch direkte Konkurrenz zum eigenen Handhelden 3DS?) oder wie im Jahre 2006 mit der Wii und der Bewegungssteuerung. Mit Nintendo Labo bekommen wir also 2018 eine neue Dimension von Augmented Reality auf den Tisch gestellt. Nicht verchromt. Ohne Blinklichter. Einfache Pappe macht es möglich.
Zielgruppenmarketing par Excellence mit Nintendo Labo
Das simple Kreativität, welche man mit Stecksystemen zu Tage fördern kann, funktioniert, beweist Lego seit Anbeginn der Zeit. Besonders für Kinder DAS Spielzeug. Bauklötzchen spielen mal anders. Dass das auch bei Erwachsenen funktionieren kann, wissen wir spätestens seit dem LEGO mit einem riesen Befreiungsschlag mit Hilfe von Lizenzen für Star Wars, Herr der Ringe oder Batman auftrumpfte. Warum sollte das also nicht auch den Japanern mit Nintendo Labo gelingen?
Zugegeben ist die Zielgruppe Nintendos gut zu umreißen. Und wenn man sich die Warteschlangen auf der Gamescom genauer anschaut, entdeckt man bei den Anstehenden stets EINE Sorte von Handheld in den Griffeln. Zusehens hüpft man inzwischen sogar auf anderweitige Mobilgeräte, welche angeblich sogar telefonieren können, und Mario springt einhändig durch die Level, um eine leicht zu kidnappende Prinzessin wieder zurück in die heimisch grüne Welt zu bringen.
Statistisch gesehen ist die Zielgruppe also deutlich jünger als die von Sony oder Microsoft. Warum also nicht alltägliches Basteln und Malen mit Videospielen vereinen? Ein schlauer Move. Gaming etabliert sich immer mehr im Alltag (sicherlich auch dank der Generation X, welche selbst Kinder bekommen haben) und wenn man das Gefühl bei Eltern erwecken kann, dass man die Kreativität und Feinmotorik des eigenen Sprösslings mit Nintendo Labo fördern kann – warum dann eigentlich nicht zur Pappe greifen. So wird Gaming noch mehr zu Familiensache. Denn Basteln und Malen macht man ja auch am Liebsten mit den Eltern. Vorausgesetzt man ist zehn. Das sich, ähnlich wie bei Lego Technik, dann aber auch Erwachsene von der Brillanz der haptischsten Augmented Reality aller Zeiten anstecken lassen, ist sicherlich purer Zufall und keine Kalkül. Zwinker. Zwinker.
Ersetzt Nintendo Labo den heimischen Controller per Pappe?
Jein. Zum Einen, weil die Joy-Cons der Switch immer noch benötigt werden, um in den raffinierten Papphüllen symbiotisch zu verschwinden. Und zum Anderen, weil es da ja noch Games außerhalb der Welt von Nintendo Labo für die Switch gibt.
Somit kann man getrost sagen, dass diese zusätzlichen Pappfeatures ähnlich von der Nutzungsfrequenz zu bewerten sind, wie die Playstation VR von Sony. Der Erfolg des Konzepts steht und fällt mit den entsprechenden Spielen. Und derzeit sieht es für mich so aus, als ob es hierbei mehr um Mini-Games geht, statt großangelegte Open-World Abenteuer anzugehen. Ähnlich wie es schon mit der Wii der Fall war – nur das ich nicht weiß für welches weitere Spiel eine Angel, außer eben zum Angeln gebraucht werden könnte. Da waren die Remotes der Wii dann doch deutlich vielseitiger zu handlen.
Der Reiz von Nintento Labo (ist hoffentlich kein Fluch)
Ähnlich wie bei Lego ist es doch so, dass der Reiz von Nintendo Labo das Erschaffen von einem Spielzeug ist. Der Zusammenbau ist hierbei DER Kern der Sache. Alleine oder eben mit Eltern und Freunden etwas zu schaffen, was dann auch noch mit einem Videospiel interagiert, gibt einem ja schon ein wenig das Gefühl an der Entwicklung eines Games teilgenommen zu haben.
Zugegeben finde ich die Idee unfassbar geil. Zudem dann noch die Möglichkeit des Hinzufügens einer individuellen Note per Buntstift und Klebe-Kulleraugen, macht Nintendo Labo für mich einen ausgesprochen hohen Charme aus. Ein Potential, welches sich aber aus meiner Sicht (egal wie genial ich die Idee auch finden mag) erst einmal beweisen muss – aus langfristiger Sicht.
Ist das neu zusammengesetzte Auto erst einmal bemalt und mit pinken Federn beklebt, ist eine nachträgliche Veränderung nicht mehr großartig möglich. Bei Lego ist das da schon etwas einfacher. Auch könnte der Frust bei der anfänglich hohen Nutzung hoch sein, wenn erste Abnutzungserscheinungen der Pappe des Nintendo Labo Multisets für 69,99 EUR auftreten. Gerade bei Kindern könnte das interessant zu beobachten sein. Ein Klavier lässt sich mit verklebten Tasten auch nicht wirklich gut bedienen, wenn Klein Mirella mit ihrem Flüssigkleber Modifizierungen vorgenommen hat.
Ich selbst konnte Nintendo Labo noch nicht testen, aber würde mich interessieren wie es mit Fettfingern so ausschaut. Hinterlassen diese unabwaschbare Flecken auf der Pappe? Wie stark ist das Papierprodukt, wenn man wegen eines weiteren verlorenen Spiels gefrustet ist und mehr Kraft aufwendet als nötig? Lassen Kinder das umherfahrende Auto gerne auf dem Boden liegen? Dort wo es Opfer von zu hoher Belastung der Mami mit dem Staubsauger wird? Was ist wenn Frank mal den Roboter testen würde? Übersteht der sperrige Kartonkasten den Transport ohne Schaden? Das sind tatsächlich Fragen, welche mich noch beschäftigen.
Nintendo Labo trifft den Kern der Zeit aber provoziert Streit in Kinderzimmern
Ich kann tatsächlich noch nicht sagen, ob ich glaube das Nintendo Labo langfristig DER Erfolg sein wird. Was sich aber ohne Zweifel sagen lässt ist, dass der Spaßfaktor zunächst gen Olymp tendiert.
Virtual- und Augmented Reality ist schließlich in aller Munde und Nintendo schafft mit Labo definitiv für Familien eine „erschwingliche“ Variante, um die Realitätserweiterungen auszuprobieren. Auch wenn der Streit zwischen Geschwistern vorprogrammiert sein wird. Jeder möchte schließlich sein eigenes Pappmotorrad haben wollen. Und Jonas wird laut schreien wenn sich das kleine Schwesterchen versehentlich auf das Klavier auf dem Bett gesetzt hat.
Ich finde die Idee grundsätzlich stark, glaube aber, dass der anfängliche Hype größer sein wird, wie der langfristige Erfolg (auch wenn die Gewinnspanne für Nintendo enorm sein muss. Was kostet Pappe schon in der Herstellung?).
Mini-Games, denn darauf sind die Abenteuer aus Karton offensichtlich ausgelegt, sind etwas für eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und verschwinden häufig nach wenigen Wochen in der Versenkung. Zumindest bei mir. Schließlich kennen wir auch alle das Anspruchsdenken von uns Nerds (HIER ist mein entsprechender Blogbeitrag). So war das bereits bei der Wii. Es sei denn, man feiert mit Freunden bei fettiger Pizza und dem ein oder anderen kühlen Schaumgetränk im Wohnzimmer vor der Switch. Und da ist das Potential der Pappzerstörung auch nicht geringer, als im Kinderzimmer. Wünschen wir den pfiffigen Japanern also viel Erfolg und das Nintendo Labo kein Grund für die blaue Tonne ist. Überrascht haben sie mich definitiv erneut. Hut ab!
Wie findet Ihr Nintendo Labo? Hattet Ihr vielleicht gar die Möglichkeit den digitalen Karton zu testen? Glaubt Ihr an einen lang- oder kurzfristigen Hype? Erzählt es mir unter dem Blogbeitrag in den Kommentaren oder direkt via Instagram.